Beltracchi – Die Kunst der Fälschung

beltracchiEs ist der größte europäische Kunstfälscher-Skandal seit 1945. An die 300 Bilder hat Wolfgang Beltracchi nach eigenen Angaben in den letzten 30 Jahren gemalt, im Stil „von diversen alten und modernen Meistern.“ Heinrich Campendonk, Max Ernst, Max Pechstein – er hat nie „kopiert“, er hat vielmehr Werke nachempfunden, mögliche Bilder der verstorbenen Künstler erschaffen oder verschollene, aber in Werkverzeichnissen erfaßte Gemälde als angebliche Originale auf den internationalen Kunstmarkt gebracht. Das schlecht gefälschte Etikett des Kunsthändlers Alfred Flechtheim auf der Rückseite eines Bilderrahmens wurde ihm 2010 zum Verhängnis. Der Schwindel flog auf, Wolfgang Beltracchi wurde 2011 zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, seine Ehefrau und ein weiterer Mittäter ebenfalls zu mehrjährigen Haftstrafen.

Der Film lebt vor allem von seinem Protagonisten, der als charmanter Schelm auftritt: Wolfgang Beltracchi, geboren 1951 in Höxter als Sohn eines Kirchenmalers und Restaurators. Vom Gymnasium verwiesen, die Kunstschule abgebrochen, reiste er als Hippie durch Europa und Nordafrika, malte eigene Bilder und verkaufte gelegentlich auch eines, bis er sich dann entschied, seine malerischen Fähigkeiten und sein großes Fachwissen in den Dienst der Kunstfälscherei zu stellen, und damit Millionenbeträge zu kassieren. Für die getäuschten Sammler und Kunstexperten mag es verwerflich sein, wie Beltracchi vor der Kamera über sein kriminelles Schaffen plaudert. Für den Kinozuschauer aber ist es höchst vergnüglich, wie dieser Anarchist das Heilige des Kunstbetriebs entlarvt. „Rembrandt, Leonardo da Vinci? Könnt ich alles malen“, sagt er mit der ihm eigenen Dreistigkeit. „Find ich nich schwierich. Gar nich.“

Als Zuschauer läßt er uns an der Fälschung eines Bildes teilhaben. Wir sehen Beltracchi, wie er auf dem Flohmarkt ein Ölbild aus der Zeit um 1900 für 50 Euro kauft, wie er die Farbe abbeizt, wie er auf der alten Leinwand ein neues/altes Meisterwerk entstehen läßt und dabei die Rest-Konturen des vorherigen Bildes einbezieht, die das Lösungsmittel nicht ganz entfernen konnte. Wie er das Bild mit Bügeleisen und Wärmeschrank künstlich altert und am Ende noch Hausstaub unter den Keilrahmen schiebt, weil der sich üblicherweise bei einem alten Originalgemälde dort angesammelt hätte.

Weil die Auktionshäuser bei der Einlieferung von Werken renommierter Künstler nach der Herkunft fragen, hatten die Beltracchis zwei fiktive Sammlungen erfunden, benannt nach den eigenen Großvätern. Sie inszenierten sogar vermeintlich historische Schwarzweißfotos. „Die Frau des Fälschers Helene Beltracchi wurde als Frau Jägers in historischer Verkleidung und mit den an der Wand hängenden gefälschten Werken abgelichtet“, heißt es dazu heute auf der Webseite der (echten) Galerie Flechtheim.

Keiner schöpfte Verdacht, und man hat als Zuschauer den Verdacht: es wollte auch niemand Verdacht schöpfen. Der Kunstmarkt wird im Film als Zusammenspiel von Sammlern, Händlern und Experten dargestellt, und die begehrten Werke sind nicht nur große Kunst, sondern eben auch Geldanlage und Handelsgut. Und alle Beteiligten haben angesichts der Nachfrage und hoher Gewinnmargen eher ein Interesse daran, daß ein Geschäft zustande kommt, als daß es verhindert wird. Das ist die zweite, analytische Ebene dieses Dokumentarfilms, in Form von Interviews mit Galeristen, Kunsthistorikern, Auktionatoren, dem ermittelnden Kripo-Kommissar und einem Sammler-Ehepaar. „Beltracchi – die Kunst der Fälschung“ ist also nicht nur eine Gaunerkomödie.

Im Strafprozeß gegen Wolfgang Beltracchi war nur die Fälschung von 14 Gemälden angeklagt. Der Bundesverband deutscher Kunstversteigerer und das Landeskriminalamt Berlin haben eine Liste mit derzeit mehr als 50 Beltracchi-Fälschungen veröffentlicht. Wahrscheinlich hängen aber in den großen Galerien und Museen dieser Welt viel mehr davon.

„Malen hatte für mich nicht diese Heiligkeit“, sagt Wolfgang Beltracchi. „Ich hätte 2000 Bilder malen können, und der Markt hätte es aufgenommen.“

Klaus Peter Karger

Quellen: cinomat.de, Sichtung, arnebirkenstock.de, wikipedia.de, spiegel.de, Bundesverband deutscher Kunstversteigerer

(Ankündigung des guckloch-kinos)

Typ: Film
Datum: 23.07.2014
Uhrzeit: 20:15 - 21:30 Uhr
Ort: Kalkofenstr. 3a (Guckloch-Kino), 78050 Villingen-Schwenningen (Villingen)

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