Die Arbeiten von Tilmann Zahn täuschen auf den ersten Blick ein anderes Material vor als das, aus dem sie tatsächlich sind. Zunächst liegt die Vermutung nahe, Zahn arbeite filigran mit Cortenstahl.
Beim genauen Hinschauen wird jedoch deutlich, dass die Kunstwerke nicht aus hartem Stahl stabil, sondern sehr fragil, aus weichem, verletzlichem, in Ölfarbe getränktem Papier gestaltet sind, aus dem Tilmann Zahn die Motive durch Ausreißen des Papiers schafft. Der Künstler lässt sich inspirieren von der Ästhetik einer postindustriellen Landschaft – und nicht von der glitzernden Konsumwelt. Sowohl die rostig-dunklen Brauntöne als auch die Linien, schattenhafte Flächen und fransigen Konturen unterstützen den Eindruck von Alter und Verschleiß, was dem Verfall eine besondere Ästhetik verleiht.
Das Innerste berühren
K. Piwecki, 2008 (Quelle: www.tilmannzahn.ch)
Tilmann Zahn schärft das Auge für Entwertetes. Er macht die Verwerfungen der Materie durch die Projektion innerer Bilder deutlich. Er sieht in den Wunden abgenutzten Materials ein Gleichnis des Lebens.
Seinen Bildern und Objekten haftet ein zeitloses „memento mori“ an, das seinen Ursprung in Zahns starker Affinität zu allem hat, was um die Themen Abschied, Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit kreist. Hier nimmt er klar Bezug auf die „Vanitas“-Symbole alter Meister, die ihm, wie er sagt, oft vorkommen wie längst vergessene, geheime Botschaften aus einer vergangenen Welt, sprechen sie doch eine so vollkommen andere Sprache als die glatt polierte und synthetische cyberworld unserer Tage. „Eigentlich sind meine Bilder moderne Versionen des alten ‚Omnia Vanitas‘-Themas“, sagt er zu seinen Arbeiten, und: „Schmutzige, verlassene Orte scheinen mir ehrlicher als glänzende Glas- und Marmorfassaden. Die wahren Schönheiten finden sich im Dreck, nicht in den Auslagen unserer Konsum-Paläste.“
Auf Spurensuche an den Rändern der Zivilisation sammelt er seine „Souvenirs“, die Rudimente entwerteter Nützlichkeit. Die veränderte Sichtweise ermöglicht seinen Fundstücken eine neue Seinsweise: Das Entwertete erhält neuen Wert, das Banal scheinende wird nobilitiert, das Profane wird letztlich zum Heiligen. Eine Reihe kleiner Arbeiten, die mit ihren herausgerissenen und sorgfältig wieder eingebetteten Zeichen an kunstvolle Intarsienarbeiten erinnern, nennt er denn auch „Kleinode“.
Wenn Zahn Leinwände perforiert und Papier in filigranste Gebilde zerreisst, dann geht es immer auch darum, den Dingen auf den Grund zu gehen.Es geht darum, das Material nicht bloss an seiner Oberfläche zu bearbeiten, sondern an die Grenzen seiner Belastbarkeit zu gehen und darüber hinaus bis in seine innerste Beschaffenheit vorzudringen, um dabei die Schönheit sichtbar zu machen, die sich erst in der Verletzlichkeit ganz offenbart.
Ausstellungen
2016
art stage Singapore (Galerie Hrobsky)
Städt. Galerie Villa Streccius, Landau, D
Kunsttage Winningen, D
Kunstverein Speyer, D
Kunstkultur Königsfeld, D (E)
Kunsthalle Wil, CH (E)
2015
Wichtendahl Galerie, Berlin, D
Galerie Ulrike Hrobsky, Wien, A (E)
Landesgalerie Burgenland, Eisenstadt, A
art Karlsruhe, D, solo show (Wichtendahl Galerie) (E)
2014
Horst – Janssen – Museum Oldenburg, D
Chelsea Galerie Laufen, CH
2013
Wichtendahl Galerie, Berlin, D (E)
Koppelschleuse Meppen, D
scope Basel (Galerie Hrobsky, Wien), CH
2012
Galerie Wichtendahl, Berlin, D
Kunstverein Marburg, D
Galerie Ulrike Hrobsky, Wien, A
2011
Galerie Wichtendahl, Berlin, D
2010
art Karlsruhe (Galerie R. Aphold), D
2009
Galerie Roland Aphold, Basel, CH (E)
Papiermachermuseum Steyrermühl, A (E)
2008
Galerie Wichtendahl, Berlin, D (E)
Galerie Lorch + Seidel contemporary, Berlin, D
art Karlsruhe, D, solo show (Galerie R. Aphold), (E)
Berlinische Galerie, Berlin, D
Galerie Roland Aphold, Basel, CH
2007
Galerie Roland Aphold, Basel, CH (E)
Galerie Kunst im West, Zürich, CH (E)
2006
Galerie Roland Aphold, Basel, CH
2005
Galerie Roland Aphold, Basel, CH
Öffnungszeiten der Ausstellung: Samstag und Sonntag 15-17 Uhr und jederzeit auf Anfrage